FKK mit Handicap

Mastektomie

 

Diagnose: Brustkrebs ... für alle betroffenen Frauen eine katastrophale Nachricht. Erst recht, wenn eine Amputation unumgänglich ist. Der Verlust einer Brust, oder sogar beider Brüste, ist für eine Frau extrem schrecklich.

Ingeborg:
Mir musste 1978 die linke Brust abgenommen werden - Brustkrebs, eine radikale Mastektomie wurde durchgeführt, nur die recht Brust blieb mir noch. Die OP war erfolgreich, und trotzdem war Nichts, wie zuvor. Als ich aus der Narkose erwachte und zum ersten Mal richtig wahrnahm, dass mir die linke Brust fehlt, fühlte ich mich nicht mehr als eine »vollwertige« Frau.
Wird mein Mann mich noch lieben? Wird er bei mir bleiben? Ich hatte riesige Ängste - Ängste, die mir die Ärzte nicht nehmen konnten und gegen die es keine Medikamente gab. Aber ich hatte Glück, mein Mann blieb bei mir, hielt zu mir.
Ich hätte mir ein Brustimplantat einsetzen lassen können, aber dies wollte ich nicht, es wäre nicht »meine« Brust gewesen, nur ein Fremdkörper unter meiner Haut.

Sally, GB
Angezogen, sah man mir nicht an, dass mir eine Brust fehlt, den BH konnte ich immer ganz gut ausstopfen. Nur beim Badeanzug funktionierte dies nicht. Die rechte Seite des Badeanzuges war gut ausgefüllt, die linke Seite hing da so schlapp umher. Dies störte mich eigentlich nicht so sonderlich, sondern mehr die Blicke der anderen Badegäste - sei es nun im Schwimmbad oder am Strand. Es wurde nicht nur einfach geschaut, sondern regelrecht »gegafft«, es waren Blicke, die mir irgendwie weh taten. Ich fühlte mich nicht wohl.
Mein Mann kam dann einmal auf die Idee, wir sollten FKK machen. Ich war natürlich erst einmal total dagegen. Ganz nackt, da wird man doch erst recht angestarrt, dachte ich mir. Aber auf der anderen Seite überlegte ich, beim FKK sind nicht so viele Leute, wie in einem herkömmlichen Bad, oder an einem Strand. Es sind also weniger Leute, von denen ich angestarrt werden würde. Ein Versuch war es jedenfalls wert und mein Mann machte einen Besuchstermin in einem hiesigen FKK-Verein aus.

Es war natürlich ein mulmiges Gefühl, nicht nur, weil mir eine Brust fehlte - nein, Nacktheit gehörte für mich bis zu diesem Tag in die eigenen vier Wände, ich kannte es nun einmal nicht anders, wurde so erzogen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, trotz der freundlichen Begrüßung im Verein wollte mein »mulmiges« Gefühl nicht weichen. Und mit diesem Gefühl habe ich mich auch ausgezogen. Und, was soll ich sagen ... ich habe es bei heute nicht bereut.

Sally, GB
Natürlich wird auch geschaut, keine Frage. Aber es sind nicht diese aufdringlichen Blicke, wie ich sie bisher erlebte. Die anderen Vereins-Mitglieder sehen, dass da »was« fehlt und, entweder sie ignorieren es oder sie fragen mich. Die Männer nehmen es meist einfach so hin, während sich jüngere Frauen inzwischen gerne von mir beraten lassen, besonders, was die Vorsorgeuntersuchungen betrifft.
Meine fehlende Brust ist keine Behinderung und kein Handicap - jedenfalls nicht für mich, für andere scheinbar schon.

Von meinem Badeanzug habe ich mich getrennt ... vor gut 30 Jahren.

Gespräch: Hamburg, 24.05.2009

V.i.S.d.P: Ingeborg K.
Bilder (oben):
Die beiden Bilder zeigen Sally aus Großbritannien.
Vielen Dank für die Erlaubnis, die Bilder verwenden
zu dürfen. Thank You very much.
Besonders mutig für ihre Zeit: Anne Brigman,
welche nach ihrer Brustamputation in den 20er
Jahren noch Akt-Fotos von sich selbst anfertigte.
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